Bearbeitung und Korrektur der Schneidezähne – eine praxisnahe Betrachtung
Bearbeitung und Korrektur der Schneidezähne – eine praxisnahe Betrachtung.
Die Korrektur der Schneidezähne bei einer routinemäßigen Pferdezahnbehandlung ist ein wesentlicher Bestandteil für die biomechanische Balance und die Wirkung der gesamten Behandlung.
Biomechanisch betrachtet sollte das Ziel jeder Behandlung darin bestehen, ein ausgewogenes Druckverhältnis zwischen Schneidezähnen, Backenzähnen und Kiefergelenk herzustellen oder wiederherzustellen.
Es kann herausfordernd sein, diesen Optimalzustand in einer einzigen Sitzung zu erreichen. Zudem ist es wichtig, individuell abzuwägen, wie viel Material an den Schneidezähnen gekürzt werden kann und sollte.
Die klinische Voruntersuchung sowie die Reaktion der Kiefergelenke auf Palpation können dem Pferd hierbei eine „Stimme“ verleihen und wertvolle Hinweise geben.
Ein hilfreiches Tool in diesem Zusammenhang ist der laterale Okklusionstest, der es ermöglicht, die prozentuale Okklusion vor und nach einer Behandlung zu erfassen.
Die Interpretation der Ergebnisse setzt allerdings Erfahrung und ein tiefes Verständnis der Zahn- und Kieferstruktur voraus: So ist es beispielsweise bei parodontal erkrankten Backenzähnen nicht unbedingt sinnvoll, eine hundertprozentige Okklusion zu erreichen.
Im Falle parodontal erkrankter Schneidezähne und gesunder Backenzähne kann es hingegen hilfreich sein, die Schneidezähne stärker zu kürzen, um eine Druckentlastung zu bewirken. Bei der Korrektur sollte stets darauf geachtet werden, die Pulpenkanäle nicht zu eröffnen. Die Farbe des Tertiärdentins – welches die Pulpenkanäle während des Herausschiebens der Zähne verschließt – ist ein guter Indikator, besonders bei Schneidezähnen; an den hinteren Backenzähnen jedoch ist diese Beurteilung deutlich anspruchsvoller.
Die Frage, ob man die Schneidezähne besser vor oder nach den Backenzähnen bearbeitet, lässt sich aus meiner Sicht nicht pauschal beantworten. Hier gibt es kein richtig oder falsch; die Hauptsache ist, dass das Endresultat stimmt. Persönlich beginne ich meist mit der Korrektur der Schneidezähne, da die Sedierungstiefe unmittelbar nach der Injektion des Sedativums stärker ist. Nach der Bearbeitung der Backenzähne sollte jedoch die Okklusion nochmals geprüft und bei Bedarf korrigiert werden.
Für die Bearbeitung selbst empfiehlt es sich, eine schmale, beidseitig beschichtete Schleifscheibe zu verwenden. So lässt sich, wenn die Horizontallinie stimmt, zeitgleich an Ober- und Unterkieferschneidezähnen arbeiten. Scheiben mit Schleimhautschutz an den Rändern können Gaumen, Lippen und Zunge vor Verletzungen schützen.
Auch die Diamantbeschichtung der Scheibe spielt eine Rolle, da sie die Hitzeentwicklung beim Schleifen beeinflusst.
Nach der Bearbeitung mit der Scheibe sollten die Schärfen an den Schneidezahnrändern mit einer kleinen Fräse nachgearbeitet werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Schutz der eigenen Gesundheit: Ein wirksamer Augen- und Staubschutz ist essenziell, um diese großartige Arbeit langfristig ausüben zu können.
Schließlich ist es wichtig, den Pferdekopf gerade und auf eine angenehme Arbeitshöhe zu bringen. So lassen sich die horizontale Linie und die Mesiallinie präzise beurteilen und gezielt korrigieren.
Schlussgedanke
Eine präzise Korrektur der Schneidezähne erfordert nicht nur ein geschultes Auge, sondern auch fundiertes Wissen und das richtige Instrumentarium. Für uns als Behandler bedeutet das, die Balance zwischen Funktionalität und Gesundheit der Zähne zu gewährleisten und stets individuell auf jedes Pferd einzugehen.
Herzliche Grüße,
Gaby Hurink