Allgemein

Infundibularkaries beim Pferd – Was ist das?

Infundibularkaries beim Pferd – Was ist das?

Was ist das Infundibulum?

Infundibularkaries betrifft vor allem die Backenzähne des Oberkiefers. Diese Zähne – ebenso wie die Schneidezähne – besitzen im Inneren eine besondere Struktur: das Infundibulum, auch Schmelzbecher genannt. Die Backenzähne des Unterkiefers hingegen haben kein Infundibulum und sind deshalb nicht von dieser Kariesform betroffen.

Die Wände des Infundibulums bestehen aus hartem Zahnschmelz, das Innere ist mit weicherem Zahnzement gefüllt. In der Mitte des Schmelzbechers befindet sich im Normalfall ein schmaler schwarzer Kanal bzw. Punkt (von der Kaufläche aus sichtbar). Dabei handelt es sich um den Rest eines Blutgefäßes, um das sich diese Struktur während der Zahnentwicklung gebildet hat. Mit dem Zahndurchbruch reißt dieses Gefäß ab, und die Zementbildung stoppt an dieser Stelle. Dieser kleine Kanal ist bei allen Pferden sichtbar und kein krankhafter Befund.

Was ist infundibuläre Hypozementose?

Bei manchen Pferden ist die Bildung des Zahnzements im Infundibulum unvollständig. Es entstehen dadurch kleine Hohlräume, die nicht komplett mit Zement gefüllt sind. Dieser Zustand wird als infundibuläre Hypozementose bezeichnet.

Bis zu diesem Punkt liegt keine Erkrankung vor – es handelt sich um eine häufige anatomische Variante, die zunächst unproblematisch ist.

Wie entsteht Infundibularkaries?

Der Beginn einer Erkrankung

Kritisch wird es erst, wenn Futterreste und Bakterien über den kleinen Kanal in diese Hohlräume eindringen. Die Bakterien zersetzen die Futterpartikel und produzieren Säuren, die den pH-Wert im Zahn senken. So entsteht eine infundibuläre Karies – ein aktiver Zersetzungsprozess, bei dem das Zahngewebe geschädigt wird.

Was passiert bei Karies?

Der Großteil der Pferde mit leichter Infundibularkaries zeigt keine Symptome. In vielen Fällen kommt der Prozess zum Stillstand – z. B. wenn die Kariesläsion den Schmelzrand erreicht.

Gleichzeitig versucht der betroffene Zahn, sich zu schützen: Er beginnt, verstärkt Dentin zu bilden, um eine stabile Schutzschicht zwischen der Kariesläsion und dem empfindlichen Wurzelkanal aufrechtzuerhalten. Der Wurzelkanal enthält Blutgefäße und Nerven und ist bei Fortschreiten der Karies besonders gefährdet.

Verlauf & Risiken

Ein Wettlauf im Zahninneren

Infundibularkaries ist ein schwer vorhersehbarer Prozess – ein Wettlauf zwischen Zahn und Bakterien. Solange der Zahn schneller Schutzdentin bildet, bleibt der Zustand stabil. Sind jedoch die Bakterien schneller, kann sich die Karies bis in die Wurzelkanäle vordringen.

Die Folge kann eine Pulpitis (Entzündung des Zahnmarks) und in weiterer Folge eine Nekrose der Pulpa sein – also das Absterben des Zahnmarks.

Dadurch können Zahnwurzelinfektionen entstehen, die sich im schlimmsten Fall auf die Nasennebenhöhlen ausweiten.

Mögliche Komplikationen

Ein fortgeschrittener Kariesprozess kann den Zahn strukturell so schwächen, dass er frakturiert – also in zwei Hälften bricht. Das führt in der Regel zu erheblichen Beschwerden, da:
– Futterreste sich im Bruchspalt ansammeln,
– das bewegliche Bruchstück die Backenschleimhaut reizt oder verletzt,
– und die entzündete Pulpa starke Schmerzen verursacht.

Diagnose

Die Diagnose erfolgt durch eine gründliche Mauluntersuchung, meist unter Sedation, mit Hilfe eines Zahnspiegels oder Maulhöhlenendoskops.

Typisch ist eine abnorme Ansammlung von Futterresten auf der Kaufläche der betroffenen Zähne.

Zur weiteren Abklärung kann eine Zahnsonde in das Infundibulum eingeführt werden, um die Tiefe der Läsion zu beurteilen.

Bildgebende Verfahren wie Röntgen oder CT liefern wichtige Informationen über das Ausmaß der Schädigung im Zahninneren.

Behandlung

Ziel der Therapie

Das Hauptziel besteht darin, Komplikationen vorzubeugen, die mechanische Stabilität des Zahns zu sichern und das Fortschreiten der Karies zu stoppen.

Ob eine Kariesbehandlung notwendig ist, sollte stets im Einzelfall abgewogen werden – insbesondere, wenn sich Hinweise auf eine fortschreitende Schädigung zeigen.

Ablauf der Behandlung

Die Behandlung erfolgt bei stehend sediertem Pferd.

1. Befallenes Zahngewebe wird vollständig entfernt.
2. Die Höhle wird gründlich gereinigt und desinfiziert.
3. Anschließend wird sie mit einem speziellen Füllmaterial verschlossen.

Wann ist eine Extraktion notwendig?

Hat sich die Karies bereits bis in die Wurzelkanäle ausgebreitet oder ist der Zahn frakturiert, kann eine Zahnentfernung (Extraktion) die bessere Option sein.

Diese Entscheidung sollte immer individuell und gemeinsam mit dem Besitzer getroffen werden.

Nachsorge – Regelmäßige Kontrolle wichtig

Wie bei menschlichen Zähnen müssen auch beim Pferd eingebrachte Füllungen regelmäßig kontrolliert werden. Wenn Undichtigkeiten auftreten, kann ein Teil der Füllung oder auch die gesamte Füllung ersetzt werden.

Eine gründliche Zahnuntersuchung mindestens einmal jährlich ist entscheidend, um Infundibularkaries frühzeitig zu erkennen und Folgeschäden zu vermeiden.

Fazit

Infundibularkaries ist ein häufiger, zunächst oft unauffälliger Befund beim Pferd – kann aber zu ernsten Zahnproblemen führen, wenn er nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird.

👉 Regelmäßige Zahnkontrollen und gegebenenfalls eine gezielte Behandlung sind der beste Schutz.